In meiner neuen Reihe “Kreatives Schreiben” möchte ich heute mit einem Thema beginnen, dessen Wichtigkeit gerne unterschätzt wird: Es geht um die Frage nach dem Genre.

Genre? Was’n das?

Die Literatur kennt viele verschiedene Genres, vom Coming-of-Age-Roman über Kriminalliteratur, Horror und Thriller bis zur Science-Fiction. Und die meisten Genres lassen sich noch einmal in diverse Sub-Genres untergliedern. So gibt es in meinem Lieblingsbereich, der Fantasy, zum Beispiel High, Low, Urban oder Dark Fantasy und dem historischen Roman ist unter anderem der historische Krimi untergeordnet. Alleine über die verschiedenen Genres in der Belletristik könnte ich in diesem Blog ein halbes Jahr lang die Seiten füllen.

In der Regel sollte Ihr Buch einem gewissen Genre zuzuordnen sein. “Warum muss ich das denn wissen?”, fragen Sie sich jetzt vielleicht. “Muss ich mich denn schon vor dem Schreiben in eine Schublade stecken lassen? Kann der Leser sich nicht einfach überraschen lassen? Und muss ich mich denn festlegen, bevor ich angefangen habe zu schreiben?”

Illustration einer Ratte von hinten
Ratten-Fakt

Die Augen der Ratte können sich gleichzeitig in unterschiedliche Richtungen bewegen. Zu ihrem Glück auch geradeaus nach oben. Dies hilft ihnen, Raubvögel frühzeitig ausfindig zu machen.

Dem Leser geben, was er erwartet

Schreiben ist eine kreative Tätigkeit. Und dabei wollen wir uns natürlich entfalten können und unserer Kreativität freien Lauf lassen. Das macht ja den Reiz des kreativen Schreibens aus. Trotzdem sollte man die Frage nach dem Genre und damit nach der Zielgruppe nicht ganz unbeachtet lassen. Und dafür gibt es zwei wichtige Gründe.

Ich unterstelle Ihnen jetzt einmal, dass Sie nicht nur für sich selbst schreiben. Sie möchten sicher, dass Ihre Texte auch gelesen werden. Und damit Sie gelesen werden, ist es hilfreich, den Lesern zumindest zu einem gewissen Grad zu geben, was sie erwarten.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie lesen gerne Krimis, aber in dem vermeintlichen Regional-Krimi, den Sie gestern gekauft haben, wird erst einmal 20 Seiten lang eine Romanze geschildert. Oder einer der Polizisten hat magische Kräfte. Oder – noch viel schlimmer – der Autor verrät schon im ersten Viertel des Buches, wer der Täter ist.

Geben Sie es zu: Sie wären enttäuscht und würden das Buch vielleicht sogar weglegen.

Denn wenn ich als Leser ein neues Buch aufschlage, habe ich bestimmte Erwartungen, und die sollen doch, bitte schön, erfüllt werden. Ein Fantasy-Roman ohne Magie, Drachen oder andere Fabelwesen? Unvorstellbar und enttäuschend! In meinem vermeintlichen Chic-Lit-Roman wird bis ins Detail ein brutaler Überfall geschildert? Selbst wenn ich vielleicht gerne Thriller lese und mir solche Schilderungen dort gefallen würden, habe ich doch dieses Buch aufgeschlagen, weil mir der Sinn nach einer leichten Romanze stand.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen und Genres können sich durchaus auch einmal vermischen. Die Thursday-Next-Reihe von Jasper Fforde ist ein erstklassiges Beispiel. Und doch ist es ratsam, zumindest darüber nachzudenken, für wen Sie schreiben. Dafür gibt es auch noch einen zweiten Grund.

Das Verkaufsargument

Oben habe ich das Wort Zielgruppe schon einmal fallen lassen. Wenn Sie wirklich wollen, dass Ihr Buch auch gelesen wird, dann ist das nicht so anders als bei jedem anderen Produkt, das Sie an den Mann oder an die Frau bringen wollen. Zu jedem Business-Plan gehört – zu Recht – die Frage nach der Zielgruppe. Denn wenn mir klar ist, wer mein Produkt kaufen soll, dann kann ich es erstens für diese Zielgruppe maßschneidern und zweitens kann ich es deutlich effektiver bewerben.

Das erste Argument (das Produkt Buch an die Zielgruppe anzupassen) findet beim Schreiben nur bedingt Anwendung. Schließlich sind wir Kreative und wollen uns ausdrücken und schreiben, was uns auf der Seele liegt. Andererseits sollten wir, wie wir oben gesehen haben, den Leser trotzdem nicht ganz aus den Augen lassen, um ihn nicht zu enttäuschen oder ihm gar komplett vor den Kopf zu stoßen.

Wichtiger ist hier das Argument der Werbung: Wenn ich weiß, für wen ich mein Buch geschrieben habe, dann kann ich auch gezielt Werbung dafür machen, die bei meiner Zielgruppe ankommt, sei es an der passenden Stelle oder aber mit dem passenden Slogan. Sich darüber klar zu sein, wer das Buch lesen soll, wird es Ihrem Verlag oder Ihnen als Selbstpublisher leichter machen, Leser für Ihre Geschichte zu finden.

Langer Rede kurzer Sinn: Machen Sie sich klar, welche Erwartungen der Leser an ein gewisses Genre hat. Befassen Sie sich mit den Regeln des Genres, für das Sie sich entschieden haben. Und weichen Sie davon nur ab, wenn Sie das ganz bewusst so haben wollen, keinesfalls aber aus Unwissenheit.

Bei alledem gilt natürlich die Goldene Regel: Schreiben Sie, was Sie kennen. Wenn Sie sich für Science-Fiction nie sonderlich interessiert haben, dann sollten Sie futuristische Romane vielleicht anderen überlassen. Sie werden mit Sicherheit die besten Geschichten in einem Genre schreiben, in dem Sie sich zu Hause fühlen!

Kategorien: Kreatives Schreiben

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