… und es meint sogar, das ist beides möglich. Aber wie heißt es denn nun tatsächlich? Heute möchte ich mich einmal mit der indirekten Rede auseinandersetzen, denn die hat auch mir jahrelang Kopfzerbrechen bereitet. Mal liest man da den Konjunktiv I, mal den Konjunktiv II und manchmal sogar keins von beidem. Wie muss es denn nun also richtig heißen?

Indirekte Rede – Was ist das?

Zunächst sollten wir den Unterschied zwischen der direkten und der indirekten Rede klarstellen.

Mit der direkten Rede geben wir wörtlich wieder, was eine Person gesagt hat. Das geschieht völlig ohne Wertung. Etwa so:

Peter sagte: „Ratten sind kluge Tiere.“

Mit der indirekten Rede berichten wir etwas distanzierter und verwenden nicht unbedingt den genauen Wortlaut des ursprünglichen Satzes. Wichtig ist vor allem, dass der Satz inhaltlich das wiedergibt, was die Person gesagt hat. Die indirekte Rede kann mit einem „dass“ eingeleitet werden, es geht aber durchaus auch ohne. Im ersten Beispiel zeige ich beide Versionen, danach lasse ich die dass-Version weg – sie ist aber überall auch anwendbar:

Illustration einer Ratte von hinten
Ratten-Fakt

Weltweit gibt es ca. 65 verschiedene Arten von Ratten.

Peter sagte, Ratten sind kluge Tiere. (Indikativ)
Peter sagte, dass Ratten kluge Tiere sind. (Indikativ)

Allerdings geht es auch so:

Peter sagte, Ratten seien kluge Tiere. (Konjunktiv I)

Oder so:

Peter sagte, Ratten hätten hübsche Augen. (Konjunktiv II)

Und sogar so:

Peter sagte, Ratten würden nicht lange leben. (Konjunktiv mit würde)

Na wie denn nun?

Alle oben aufgeführten Versionen sind richtig, aber trotzdem gibt es kleine, aber feine Unterschiede. Wann verwenden wir nun also den Konjunktiv I, den Konjunktiv II oder sogar nur den Indikativ (die Normalform)?

Laut Duden der sprachlichen Zweifelsfälle ist es völlig legitim, die indirekte Rede im Indikativ wiederzugeben, sofern sie von einem Verb des Sagens oder Denkens (sagt, gibt an, meint, denkt, berichtet, behauptet …) eingeleitet wird, es also aus dem Kontext ersichtlich ist, dass es sich um indirekte Rede handelt. Diese Form verwenden wir vor allem in der Alltagssprache:

Julia denkt, die Jungs sind blöd.

Benutzen wir den Konjunktiv I, distanzieren wir uns hingegen etwas von der Aussage. Das tun wir vor allem dann gerne, wenn das, was wir da erzählen, nicht unsere Meinung widerspiegelt:

Julia denkt, die Jungs seien blöd.

Wenn wir den Konjunktiv I verwenden, klingt unsere Sprache außerdem automatisch etwas gehobener. Daher setzen wir ihn vor allem in der Schriftsprache ein, zum Beispiel in Geschäftsbriefen. Außerdem wird der Konjunktiv I standardmäßig (also ohne Distanzierung) in vielen journalistischen und wissenschaftlichen Texten verwendet.

Diese beiden Möglichkeiten der Wiedergabe könnten für die indirekte Rede genügen, gäbe es da nicht das Problem, dass der Konjunktiv nicht immer als solcher zu erkennen ist.

Das Verb „sein“ macht uns noch keine Schwierigkeiten:

 Konjunktiv IKonjunktiv II
1. Pers. Sg.ich seiich wäre
2. Pers. Sg.du sei(e)stdu wär(e)st
3. Pers. Sg.er/sie seier/sie wäre
1. Pers. Pl.wir seienwir wären
2. Pers. Pl.ihr seietihr wär(e)t
3. Pers. Pl.sie seiensie wären

Hier können alle Formen eindeutig als Konjunktiv erkannt werden. Leider ist das aber nicht immer so. Im Gegenteil: Bei den meisten anderen Verben kann man den Konjunktiv I oft nicht vom Indikativ unterscheiden und beim Konjunktiv II ist es ähnlich.

 Konjunktiv IKonjunktiv II
1. Pers. Sg.ich lacheich lachte
2. Pers. Sg.du lachestdu lachtest
3. Pers. Sg.er/sie lacheer/sie lachte
1. Pers. Pl.wir lachenwir lachten
2. Pers. Pl.ihr lachetihr lachtet
3. Pers. Pl.sie lachensie lachten

So wirklich klar erkennbar ist der Konjunktiv hier nur in der 3. Person Singular.

Wenn Julia nun also denkt, dass Jungen ja sowieso gar nicht anders sein können als blöd, und wir das mit dem Konjunktiv I ausrücken wollen, erkennen wir das Problem. Denn „sie können“ lautet im Indikativ und Konjunktiv I gleich, so dass der Satz in der indirekten Rede mit Konjunktiv I so aussähe:

Julia denkt, Jungs können nur blöd sein.

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. 😉 Der Satz gibt uns keinen Hinweis darauf, ob es sich bei dem Verb „können“ um den Indikativ oder den Konjunktiv I handelt. In solchen Fällen weichen wir daher auf den Konjunktiv II aus.

Julia denkt, Jungs könnten nur blöd sein.

Der Konjunktiv II wird in der indirekten Rede also dann verwendet, wenn der Konjunktiv I nicht klar als solcher erkennbar ist.

Übrigens benutzen wir den Konjunktiv II bevorzugt auch in der gesprochenen Sprache, wenn wir uns vom Gesagten etwas distanzieren möchten. Denn für die meisten Menschen klingt „Julia denkt, die Jungs seien blöd“ ziemlich gestelzt. Daher sagen wir meist, obwohl hier der Konjunktiv I als solcher erkennbar wäre, eher:

Julia denkt, die Jungs wären blöd.

Nun aber zum letzten Problem: Oft können wir den Konjunktiv II nämlich leider auch nicht vom Präteritum Indikativ unterscheiden (siehe oben: sie lachten). In diesen Fällen kommt schließlich der Konjunktiv mit „würde“ zum Einsatz. Denn weder bei „Julia denkt, die Jungs lachen so blöd“ noch bei „Julia denkt, die Jungs lachten so blöd“ ist der Konjunktiv als solcher erkennbar. Daher weichen wir aus auf:

Julia denkt, die Jungs würden so blöd lachen.

Hui! Das war jetzt eine Menge Information. Daher das ganze hier jetzt noch einmal in Kurzform:

 

gesprochen

geschrieben

Sie sagt, …

normalerweise

Indikativ

Indikativ oder Konjunktiv I

… sie ist müde.

… sie sei müde.

Distanz schaffen

Konjunktiv II

Konjunktiv I

… sie wäre müde.

… sie sei müde.

gehobene oder Schriftsprache

 

Konjunktiv I

… sie habe keinen Hunger.

Konjunktiv I nicht erkennbar

 

Konjunktiv II

… sie hätte keinen Hunger.

Konjunktiv II auch nicht erkennbar

Konjunktiv mit „würde“

Konjunktiv mit „würde“

… alle würden sie auslachen.

Kategorien: Deutsche Sprache - schwere Sprache

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