Eine gute Geschichte ist wie ein Fenster in eine andere Welt, hat mal ein schlauer Mensch gesagt. Doch oft bleibt das Fensterglas trüb – die Worte, die wir lesen, sprechen uns nicht wirklich an. Dabei ist es recht einfach, unseren Worten mehr Leben einzuhauchen und unsere Geschichten erlebbarer zu machen. Dazu müssen wir nur die Sinne unserer Leserinnen ansprechen, und zwar alle fünf: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen.

In diesem Artikel schauen wir uns an, wie du deine Texte mit sinnlichen Details anreicherst, damit deine Leserinnen und Leser wirklich in die Welt deines Buches eintauchen können.

Illustration einer Ratte von hinten
Ratten-Fakt

Der indische Elefantengott Ganesha reitet eine Ratte.

Sehen

Wenn du anfängst zu schreiben, wirst du vor allem mit dem Seh-Sinn arbeiten. Du wirst beschreiben, wie das Dorf aussieht, in dem sich dein Protagonist befindet, was er dort sieht und auch wie er selbst aussieht, wie er das Gesicht verzieht, so dass alle erkennen können, wie es ihm in der jeweiligen Situation geht. Wunderbar – mach weiter so.

Achte jedoch darauf, hier und da Bilder zu erschaffen, die eindrücklich sind und über gewöhnliche Beschreibungen hinausgehen. Bilder, die Emotionen hervorrufen.

Statt so: Der Himmel war rot.
Vielleicht mal so: Der Himmel brannte in einem blutroten Farbton, als hätte jemand ihn mit Feuer überzogen.

Tipp: Nutze Vergleiche und Metaphern, um deine Beschreibungen lebendiger zu machen.

Hören

Klang kann eine Szene enorm bereichern. Geräusche können eine bedrohliche, friedliche oder hektische Atmosphäre erschaffen. Wenn du deine Szene in eine Geräuschkulisse einbettest, hilfst du deinen Lesern damit, sich wirklich in die Szene hineinzubegeben. Aber achte darauf, dass du die Geräusche auch wirklich zum Leben erweckst.

So kann man es machen: Es war laut in der Stadt.
So ist es noch viel besser: Autohupen hallten durch die engen Gassen, während ein Straßenmusiker mit seiner Gitarre versuchte, gegen das Chaos anzusingen.

Tipp: Achte auf leise Geräusche – das Knarzen von Dielen, das Flüstern des Windes, das Summen einer Neonlampe. Oft sind es die kleinen Details, die eine Szene real machen.

Riechen

Der Geruchssinn wird beim Schreiben oft vernachlässigt, vielleicht weil viele ihn unterschätzen. Dabei können Gerüche Erinnerungen und Gefühle wecken wie kaum ein anderer Sinn. Ein einziger Duft kann eine ganze Kindheit heraufbeschwören oder eine Bedrohung ankündigen. Mich transportieren Gerüche an andere Orte und zu anderen Zeiten.

Wie wäre es zum Beispiel hiermit: Der Duft von frischem Basilikum und gebratenem Knoblauch ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Tipp: Nutze Gerüche, um Emotionen hervorzurufen. Der Geruch von feuchtem Asphalt kann eine melancholische Stimmung erzeugen, während Zimt und Orangen an Weihnachten erinnern.

Schmecken

Wie das Riechen wird auch der Geschmackssinn von Autorinnen oft unterschätzt – dabei kann er eine Szene unglaublich lebendig machen. Denn Geschmack ist eng mit Erinnerungen und Emotionen verknüpft: Ein Bissen von Omas Apfelkuchen kann einen Charakter (und deine Leserin) plötzlich in die Kindheit zurückversetzen. Der bittere Nachgeschmack von kaltem Kaffee kann Müdigkeit oder Frust unterstreichen.

Beispiel: Der erste Bissen des frisch gebackenen Brotes war leicht süß mit einem Hauch von Honig. Er erinnerte Mika an die Sommerabende ihrer Kindheit, ein Gefühl von Geborgenheit, das tief in ihr aufstieg.

Tipp: Nutze Geschmack also nicht nur, um Essen zu beschreiben, sondern auch, um Atmosphäre zu erzeugen, Erinnerungen zu wecken oder Gefühle zu verstärken.

Fühlen

Kälte, Hitze, Schmerz oder das sanfte Streicheln des Windes – all das kann eine Szene tiefer und eindringlicher machen, wenn wir es als Leser miterleben. Es zieht uns in das Erleben hinein.

So: Der kalte Steinboden drückte unangenehm gegen seine Fußsohlen und schickte eine Welle von Gänsehaut durch seinen Körper.

Tipp: Achte auf die kleinen Empfindungen – der raue Stoff einer Jacke, die feuchte Kälte eines Kellerraums, das prickelnde Gefühl von Angst im Magen, das Kitzeln von Gras unter nackten Füßen.

Schreiben mit allen Sinnen

Wenn du deinen Leserinnen zeigst, was deine Protagonisten hören, fühlen, riechen und schmecken, machst du die Szene lebendiger. Du wirst es sicher schon erkannt haben, aber es gibt hier eine große Schnittmenge mit „Show, don’t tell“. Zeige uns, wie der Wodka die Zunge betäubt oder wie die Bäume im dunklen, gruseligen Wald knarzen, und wir werden als Leser mitten in die Szene hineinkatapulitert.

Wie immer gilt natürlich: Übertreibe es nicht! Es geht nicht darum, in jeder Szene zwanghaft alle fünf Sinne unterzubringen, sondern sie gezielt einzusetzen, um Emotionen und Atmosphäre zu verstärken.

Deine Leser werden es dir danken – denn sie werden nicht nur lesen, was du ihnen erzählen möchtest, sondern wirklich dabeisein.


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